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Sonntag, 19. Juli 2015, 00:09

Offizielle Reisewarnungen und Sicherheitshinweise - wie zuverlässig sind die?

Nicht nur die Sicherheit von Urlaubern, sondern die diplomatischen Erwägungen wie wirtschaftlicher Hintergründe spiegeln sich in Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes wieder. Meint im nachfolgenden Bericht der ehemalige TUI-Vorstand Prof. Karl Born:

„Immerhin ist denkbar, dass wirtschaftliche Interessen dahinter stecken. Man würde Länder, die auf den Tourismus angewiesen sind, stark schädigen, wenn man bei jeder Kleinigkeit eine Reisewarnung ausspricht.“ Das könnte sich auf ein exportorientiertes Land wie Deutschland auswirken. So würden weniger Autos nach Tunesien exportiert, und auch Deutsche, die in die Hotels vor Ort investieren, würden geschädigt – ganz abgesehen von den Reiseveranstaltern.

Sicherheitswarnungen für Tunesien-Urlauber sind umstritten | WAZ.de - Mehr auf:
http://www.derwesten.de/reise/sicherheit…l#plx1621879933
"Wenn die Macht der Liebe über die Liebe zur Macht siegt, wird die Welt Frieden finden"
Jimi Hendrix

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Sonntag, 19. Juli 2015, 00:22

Die Unterscheidung zwischen einem Sicherheitshinweis und einer Reisewarnung des Auswärtigen Amts fällt schwer. Das hat sowohl Folgen für die Veranstalter als auch für die Kunden.

Ich hatte die Frage zuvor und poste mal die Antwort meines RA Freundes:

von Ronald Schmid


Der Arabische Frühling in den vergangenen Jahren und jüngst die dramatischen Ereignisse im Nahen Osten zeigen auch reiserechtliche Probleme auf. Denn viele der davon betroffenen Staaten sind klassische Urlaubsregionen. Die Reiseunternehmen mussten vor nicht allzu langer Zeit entscheiden, ob sie die Reisen nach Tunesien und Ägypten wegen höherer Gewalt kündigen und die dort schon urlaubenden Reisenden zurückholen. Sie erklärten zunächst das, was bei Naturkatastrophen und bei terroristischen Anschlägen im Urlaubsland fast stets gebetsmühlenartig verlautbart wird: ‚Höhere Gewalt‘ liege nicht vor, weil das Auswärtige Amt keine Reisewarnung erlassen habe. Das ist aber ein Rechtsmärchen, das sich allein deswegen verfestigt hat, weil es immer wieder erzählt wird.

Alleinige Orientierung am Auswärtigen Amt ist zu wenig
Das Abstellen auf die Erklärung des Auswärtigen Amtes hilft nicht weiter, weil dessen Kategorie häufig auch durch wirtschaftliche und politische Rücksichtnahmen geprägt sind. So hatte in der Zeit des Arabischen Frühlings das Auswärtige Amt – anders als die Außenministerien in Österreich und Luxemburg – lange Zeit „nur“ einen „Sicherheitshinweis“, aber keine „Reisewarnung“ ausgesprochen. Erst Tage später wurde dann – bei unveränderter Gefahrenlage – doch auch eine Reisewarnung ausgesprochen. Auch bei der israelisch-palästinensischen Auseinandersetzung der letzten Wochen hat sich das Auswärtige Amt lange schwer getan, eine klare Reisewarnung herauszugeben.

Es kann meines Erachtens bei genauer Betrachtung nicht trennscharf zwischen einem Sicherheitshinweis und einer Reisewarnung unterschieden werden. Reisewarnungen werden nur dann ausgesprochen, „wenn aufgrund einer akuten Gefahr für Leib und Leben vor Reisen in ein Land oder in eine bestimmte Region eines Landes gewarnt werden muss“ (so das Auswärtige Amt auf seiner Website). Aber auch Sicherheitshinweise machen auf besondere Risiken für Reisende und im Ausland lebende Deutsche aufmerksam. Sie raten in der Regel von nicht unbedingt erforderlichen Reisen ab. Da stellt sich die Frage: Ist ein solcher Hinweis noch ein Sicherheitshinweis oder nicht schon eher eine abgeschwächte Reisewarnung?

Ich meine ja. Und deswegen müssen solche diplomatischen Spitzfindigkeiten einen Juristen unbeeindruckt lassen. Interessant sind die Erklärungen des Ministeriums im Internet. Dort heißt es: „Reise- und Sicherheitshinweise sowie Reisewarnungen beruhen auf den zum angegebenen Zeitpunkt dem Auswärtigen Amt verfügbaren und als vertrauenswürdig eingeschätzten Informationen. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit sowie eine Haftung für eventuell eintretende Schäden kann nicht übernommen werden.“ Und: „Die Entscheidung über die Durchführung einer Reise liegt allein in Ihrer Verantwortung. Diese kann Ihnen vom Auswärtigen Amt nicht abgenommen werden.“

Schon diese Hinweise machen deutlich, dass die Beurteilung eines Sachverhaltes als höhere Gewalt nicht vom Vorliegen einer „echten“ Reisewarnung abhängig gemacht werden kann; sie kann nur anhand der Kriterien des § 651f BGB bestimmt werden. Eine Reisewarnung kann daher nur ein Indiz, niemals aber das einzige ausschlaggebende Kriterium sein.

Im Einzelfall prüfen, ob höhere Gewalt vorliegt
Reiseveranstalter und Reisende müssen daher selbst und in eigener Verantwortung für jedes Reiseziel prüfen und entscheiden, ob ein Fall höherer Gewalt vorliegt, der zu einer Kündigung des Reisevertrages berechtigt. Dabei sollten beide (!) sich nicht vorschnell zu einer ihnen genehmen Meinung verleiten lassen, sondern alle Aspekte gründlich abwägen. Am Ende entscheidet nämlich ein objektiver Dritter, der angerufene Richter, ex post darüber, ob durch bestimmte Ereignisse, die bei Vertragsabschluss nicht voraussehbar waren, eine Reise erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt war. Und dem müssen Fakten vorgetragen werden und keine bloße subjektiven Wertungen.


Ich gehe d'accord...
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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Dodo« (19. Juli 2015, 00:32)


Fitschi

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Sonntag, 19. Juli 2015, 00:24

Ich denke das mit den wirtschaftlichen Interessen wird irgendwo schon richtig interprediert sein :ironic:
Wer das geschehen auf der Weltkugel auch nur halbwegs verfolgt ...der weis ohnehin was Sache im Urlaubsland ist.
Aber letzendlich muß das ohnehin jeder für sich selbst entscheiden und abwägen was in seinem Urlaub wichtig ist.
Rundum Bewachung oder sich frei bewegen können.
Ein Trinkgefäß sobald es leer, macht keine rechte Freude mehr :Nope:
(Wilhelm Busch)

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Sonntag, 19. Juli 2015, 00:33

Hier stellt sich dann die Frage: Wie unabhängig ist das Auswärtige Amt?

Wie verpflichtet fühlt es sich gegenüber dem reisenden Bürger oder welche Klientel und Lobbygruppen haben ein Mitsprache- und Entscheidungsrecht?

Wenn ich recht informiert bin, tagen da vor solchen Reisewarnungen und Sicherheitshinweisen Experten, die in der Zusammensetzung durchaus unterschiedliche Gruppen vertreten. Sei es politischer oder wirtschaftlicher Seite.

Dürfte man von einem Auswärtigen Amt nicht Unabhängigkeit fordern und erwarten?
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Jimi Hendrix

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Sonntag, 19. Juli 2015, 00:43

Ich erzähle gen Kundensicht, damit die User es verstehen...

Eine Reisewarnung des AA ist nur ein INDIZ für das Vorliegen von höherer Gewalt, die den Kunden zur Kündigung des Reisevertrages berechtigen würde. Der Kunde kann genauso wie der Veranstalter seine Agentur vor Ort befragt, eigene Infoquellen zur Beurteilung der Sachlage heranziehen; das dürften meistens Medienberichte sein.

Wer er als Kunde dann der Meinung ist, es läge "Höhere Gewalt" vor, kann er natürlich kündigen. Der Veranstalter muss dann auf Stornokosten klagen, bzw. bei voller Zahlung des Reisepreises muss der Kunde dann auf Rückzahlung des Reisepreises klagen. Der Richter entscheidet dann, ob im Zeitpunkt der Kündigung höhere Gewalt vorlag.
Nachdem nun einzelne Anschläge Tunesien erreichen, dürfte die Beurteilung losgelöst vom AA und dem Bestand einer Reisewarnung durchaus auch Chanchen für den Kunden bieten, sich auf höhere Gewalt zu berufen.

Wie gesagt - das AA übernimmt keine Haftung!! Steht auch deutlich auf der HP
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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Dodo« (19. Juli 2015, 00:47)