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Sonntag, 15. November 2009, 19:41

Siwa: Wüstenwanderung durch die Libysche Wüste

Hallo Wüstenläufer,

nach einjährigem Entzug und zur Linderung meines Wüstenfiebers, besuchte ich letzte Woche wieder Siwa, die Oase, welche immer mehr Fluchtpunkt von Touristen wird. Der Höhepunkt meiner Reise war eine fünftägige Wanderung durch die Libysche Wüste. Ziel war ein Objekt,
dass ich auf einer Satelliten Karte entdeckt hatte und für einen Krater hielt.

Vorbereitung: Konditionstraining, Joggen, etc (auf jeden Fall ist eine gute Laufkondition notwendig)
Distanz: ca. 60 km
Dauer: 5 Tage
Anfangsgewicht des Rucksacks: 36,9 kg, davon 23,9 Liter Wasser

Teil 1:

Am Morgen, gegen 4.30 Uhr verließ ich das Palm Tree Hotel auf der 2,8 km Teerstraße in Richtung Süden. Ich hatte die Absicht die kühleren Morgenstunden, besonders am Anfang der Wanderung zu nutzen. Der Sand auf den ersten 3 – 4 Kilometer war besonders weich und ich
erkenne, daß das Gewicht des Rucksacks die ersten Tage nicht einfach gestalten wird. Ich beschließe daher kleine Wasserdepots anzulegen,
die ich für den Rückmarsch nutzen konnte, um meine Wasservorräte auffrischen zu können. Damit vermeide ich unnötiges Gewicht mit mir herumzutragen. Ich halte die Wasserdepots klein (1,5 – 2 Liter), um den Verlust gering zuhalten, sollte ich ein Depot nicht wieder finden,
aufgeben müssen oder anderweitig abhanden kommen.

Erstes Nachtlager und Wasserdepot



Der Vollmond erleuchtet die Umgebung und erleichtert die Orientierung. Doch erst auf dem Rückweg bei Tageslicht sollte ich erkennen,
durch welch grandiose Landschaft ich nachts durchwandert hatte.

Wandern bei Mondlicht



Der feine Tau in Verbindung mit dem Vollmondlicht verleihen dem Sand eine leicht rötliche Patina, die sich mit den ersten Sonnenstrahlen
wieder verflüchtigt.

Der Sandboden wird nun härter und das kraftraubende Einsinken in den Sand reduziert sich nur noch auf Steigungen und Dünenübergänge.
Plötzlich bemerke ich vor mit einen Bergzug, der sich mir entgegenstellt. Im fahlen Mondlicht sehe ich schon das Ende meiner Tour. Doch aus
der Nähe betrachtet ergibt sich ein niedriger Sandübergang, der unmittelbar in eine Sandebene mündet.





Pause



Der erste Sonnenaufgang



Immer wieder kreuzen Spuren meinen Weg:

Schlangen



Drei Spezies treffen auf einander:

Schlange, Mensch und Wüstenfuchs



Bis zum späten Vormittag weht ein Wind, der die hohen Temperaturen erträglich erscheinen läßt. Gegen Mittag stellt der Wind sein Gebläse unmittelbar ein und die Hitze in den weiten Sandebenen wird fast unerträglich.




Mitten in einer Sandebene hat mir die Natur einen mit Sand gepolsterten Stuhl aufgestellt. Die Einladung nehme ich gerne an ;-)



Einige Kilometer weiter treffe ich auf ein kreisrundes Gebilde, das mir zunächst Rätsel aufgibt. Das Objekt beschreibt einen exakten Kreis aus Kreidegestein. Viele Millionen Jahre war der Boden, auf dem jetzt meine Füße stehen, Meeresboden mit Korallenbänken. Bei diesem Kreis handelt es sich um das Relikt eines kleinen Korallenatolls, das der Wüstenwind im Laufe der Jahrtausende nahezu ebenerdig abgeschliffen hat.

Korrallenatoll



In der Entfernung erkenne ich einen Felsen, der mir über die Mittagszeit Schatten spenden könnte. Dort angekommen entpuppt sich der Felsen als Sonnenschirm par excellence. Der Korallenfels besitzt einen schattenspendenden Überhang, von dem aus man die Sicht sonnengeschützt in die weite Ebene genießen kann.

Der Sonnenschirm





Fortsetzung folgt

Grüsse
Alexander

2

Sonntag, 15. November 2009, 19:42

Teil 2:

Nach einer ausgiebigen Mittagsruhe mache ich mich wieder auf den Weg in Richtung Krater, an dem ich am späten Nachmittag ankomme. Hier ist leider auch mein Umkehrpunkt. Wer hier weiter geht, erreicht nach wenigen Kilometern Sanddünen pur. Insgeheim nehme ich mir diese Route schon für meinen nächsten Wüstenbesuch vor.

Blick auf die Great Sand Sea







Für den nächsten Morgen hatte ich mir die Besteigung eines nahen Zeugenberges vorgenommen, von welchem ich den Sonnenaufgang genießen wollte. Also ging es früh zu Bett, mit mir, dem Wind und meinen Gedanken.....

Am nächsten Tag ging es also zum Zeugenberg, auf dessen Gipfel man eine nahezu grenzenlose Sicht über die Ebene bis hin zu den nahen Dünen geniessen kann.

Morgenstimmung





Der Zeugenberg



Sonnenaufgang




Vom Berg aus in Richtung Osten entdeckte ich einige Palmen. Ich nahm mir vor, dieses Grün in der weiten Wüste etwas näher anzusehen.
Auf dem Weg zu dieser kleinen Oase stoße ich auf ein kleines Korallenriff und zahlreiche Muscheln aus feuchteren Zeiten....

Korallenriff



Muscheln



... und auf andere Wüstengewächse

Vertrocknetes Bäumchen



Palmwedel auf Sandbett



Und wieder eigenartige Spuren im Sand: Wüstenfuchs mit Blasenschwäche? :mrgreen:



Kaum vorstellbar, daß es in der Wüste immer wieder Stellen gibt, an welchen das Leben der Unwirtlichkeit strotzt.






Fortsetzung folgt

Grüsse
Alexander

3

Sonntag, 15. November 2009, 19:43

Teil 3:

Nun habe ich den südlichsten Punkt meiner Wanderung erreicht. Ich mache mich auf den Weg zurück zu meinem Lagerplatz. Dort hatte ich meinen Rucksack deponiert, versteckt in einer Felsspalte. Der Weg zurück führt mich über kleine Dünenkämme, Hügel und Ebenen, deren Farben durch die morgentliche Sonne zur Geltung kommt.



Immer wieder begleitet von den Pfotenspuren eines Hundes, oder gar ein Schakal?







Vorbei an bizarren, von Sand und Wind gezeichneten Felsformationen...



... Dünenketten ...




... und Sandebenen




Fortsetzung folgt

Grüsse
Alexander

4

Sonntag, 15. November 2009, 19:44

Teil 4:

Der Rückweg zum Lager führt mich nun endlich zum Ziel meiner Wanderung, dem Krater. Das Zielobjekt, das auf der Satellitenkarte wie ein Krater aussah, entpuppt sich als gut erhaltenes Korallenatoll, geschützt von einigen nahen Hügeln vor Wind und Sand. Ein Zeuge aus der Zeit, als der Boden, den meine Füße betreten noch Meeresboden war.



Einige verwitterte Überbleibsel des Korallenstocks













Zurück zum Lagerplatz geht es durch eine weitere, unberührte Sandebene






Ein letzter Blick zurück, bevor ich meinen Rucksack schultere und mich auf den Weg zurück mache.



Fortsetzung folgt

Grüsse
Alexander

5

Sonntag, 15. November 2009, 19:45

Teil 5:

Für den Rückweg nehme ich mir vor, meinen eigenen Spuren zu folgen. Man muß sich nicht mehr zu sehr mit der Navigation beschäftigen und hat mehr Zeit, die Natur zu genießen. Den eigenen Spuren zu folgen ist ganz einfach, sollte man meinen.....



.... so folge ich nun meinen Spuren. Es bläst mir ein starker Wind entgegen, der die Temperaturen leichter ertragen läßt. Pünktlich gegen Mittag jedoch hört der Wind auf, sein Lied zu singen und die Temperaturen klettern schlagartig auf 50 Grad. Die Sandebene entwickelt sich zu einem Backofen. Der Schweiß rinnt mir in die Augen und auf die Sonnenbrille. Der Schweiß trübt mir die Sicht. Ich versuche mit dem Hemdsärmel den Schweiß abzuwischen und marschiere stoisch weiter, den Blick auf den Boden vor mir gerichtet und gegen den Schweiß ankämpfend. Jetzt merke ich erst, daß ich von meiner Spur abgekommen bin, der ich eigentlich folgen wollte. Da ich aus Erfahrung weiß, dass ich beim Laufen nach Links abdrifte, schlage ich einen östlicheren Kurs ein und stoße nach wenigen Minuten auf meine alte Spur.




Mein Ziel ist ein schattenspendender Felsen, ca. 1,2 Kilometer entfernt, in dessen Schatten ich die Mittagshitze verbringen kann.







Fortsetzung folgt

Grüsse
Alexander

6

Sonntag, 15. November 2009, 19:47

Teil 6:

Die Mittagsruhe im Schatten war erholsam, sodaß der Rückweg fortgesetzt werden konnte. Der durch den Wasserverbrauch immer leichter werdende Rucksack tat sein Übriges, um die Wanderung durch den Sand etwas leichter zu gestalten. Das Gefühl der Gewichtminderung sollte aber nicht mehr lange andauern.....

Mit dem frisch einsetzenden Wind ging es weiter in Richtung Norden. Obwohl ich manchmal den Drang verspühre, einen Liter Wasser mit einem Zug zu leeren, nehme ich immer nur einen kleinen Schluck zu mir. Einen zweiten Schluck behalte ich im Mund und lasse immer wieder einige Tropfen die Kehle hinunter rinnen. Das ist angenehm, da es das Austrocknen der Schleimhäute verhindert und das Wasser wird nicht unkontrolliert in sich rein geschüttet.

Weiter geht es durch eine weitere Sandebene bevor ich auf das Gebiet stoße, dass ich in den ersten Tagen nachts durchwanderte und jetzt erst die traumhafte Umgebung erkenne.

Noch eine Sandebene




Dünen ohne Ende













Hier, in dieser schönen Umgebung beschließe ich, mein Nachtlager zu errichten



Fortsetzung folgt

Grüsse
Alexander

7

Sonntag, 15. November 2009, 19:48

Teil 7:

Bevor ich mir die verdiente Ruhe gönne, klettere ich auf einen Berg, um von dort im Abendlicht die Aussicht in die unendlichen Weiten zu genießen. Mit ihren Hügeln, Ebenen und verschnörkelten Dünen.















Am Horizont erkenne ich den Salzsee und die ersten Palmen von Siwa und es wird mir bewußt, dass diese Wanderung bald zu Ende sein wird.



Fortzsetzung folgt

Grüsse
Alexander

8

Sonntag, 15. November 2009, 19:51

Teil 8:

Der nächste Morgen beginnt wieder mit einem der Bilderbuchsonnenaufgänge, wie man ihn nur in der Wüste erlebt. Die Morgenluft ist angenehm frisch, der Schlafsack etwas feucht vom Tau. Ich schieße noch einige Fotos, bevor es weiter Richtung Siwa geht.





Obwohl das Gelände einfach zu begehen ist und der Rucksack über die Tage Gewicht verlohren hatte, habe ich den Eindruck, dass das Gewicht wieder zunehmen würde. Bei Touren dieser Art (Hitze, körperliche Anstrengung) will einfach kein Hungergefühl aufkommen. So habe ich während dieser fünf Tage nur getrunken und nichts gegessen. Das Defizit macht sich nun langsam bemerkbar. Salami und Wurstdosen bleiben also unangetastet im Rucksack. Vieleicht ist Wurst zu "heavy" und ich überlege beim nächsten Mal etwas Leichteres zu versuchen.






Wüstenglas

Allein mit meinen Gedanken lege ich Schritt für Schritte zurück. Meinen Blick auf den Sand vor mir gerichtet, stoße ich plötzlich auf ein Stück Wüstenglas Ich hebe es auf, verwundert über diesen Fund. Es zerfällt mir aber zwischen den Fingern. Es war nur ein Stück Kunststoff, sandgestrahlt in der Wüste, gefärbt und zermürbt von der heißen Sonne.








Fortsetzung folgt

Grüsse
Alexander

9

Sonntag, 15. November 2009, 19:52

Teil 9:

Der Einzige, der mich begleitet ist mein Schatten. Geduldig läuft er neben mir her, unhörbar, leise.....





Die ersten Fahrzeugspuren sind das untrügliche Anzeichen, dass die Zivilisation immer näher rückt. Mit mit Lärm, Hektik, Gedränge. Alles, was man zurückläßt, bevor man in die Wüste eintaucht.....



Ich erklimme eine Düne und komme mir vor wie Reinhold Meßmer, der einen 7000er bestigen hat. Meine war allerdings nur eine 55er ;-) Auf jeden Fall gibt es als Belohnung für die Anstrengung eine herrliche Aussicht:






Walfischrücken




Fortsetzung folgt

Grüsse
Alexander

10

Sonntag, 15. November 2009, 19:54

Teil 10:

Die letzten Dünen und die letzten sieben Kilometer bis Siwa. Langsam holt mich die Realität wieder ein und ich erwische mich, wie ich beginne, bereits neue Pläne für die nächste Reise zu schmieden.





Felsmalereien aus der Touristenzeit



Die Sanddünen weichen immer mehr Kalkfelsen und millionen Jahre altem Meeresboden





Teile alter Korallenbänke aus Zeiten, als das Meer über das Festland dominierte



Ich schlage mein letztes Nachtlager auf und genieße etwas wehmütig den Sonnenuntergang. Jetzt weiß ich schon: in einem Jahr werde ich wieder hier stehen....






Ende

Vieleicht trifft man sich ja einmal in der einst vergessenen Oase zu einer gemeinsamen Wüstenwanderung ;)

Grüsse
Alexander