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Samstag, 7. November 2015, 15:57

Pleite der Airline - Rechte der Passagiere?

Pleite der Airline - Rechte der Passagiere?

Derzeit fallen Airlines wegen ihrer Pleite wie Fliegen vom Himmel oder bleiben am Boden. Welche Rechte haben Passagiere, die ein Ticket bei diesen Airlines gebucht und das Ticket bezahlt haben? In den vergangen10 Jahren haben ca. 80 Fluglinien in der EU Insolvenz angemeldet. Der Reiserechtler Prof. Führich fordert daher seit Jahren eine Kundengeldabsicherung für Airlines wie sie bereits für Reiseveranstalter besteht. Führich beantwortet hier reiserechtliche Fragen:

Welche Ansprüche hat der Passagier gegenüber der Airline?
Der Fluggast hat einen Luftbeförderungsvertrag nach dem deutschen oder ausländischen Recht der Airline. Auch eine Insolvenz wird nach diesem Recht abgewickelt. Es gibt jedoch einheitliche Standards. Ist das Ticket bezahlt, hat man zwar rechtlich einen Anspruch auf Rücktritt vom Vertrag mit Rückerstattung des Ticketpreises. Praktisch ist man aber Gläubiger wie andere Forderungsinhaber und muss damit rechnen, als nicht bevorrechtigter Gläubiger, gar kein Geld zurückzubekommen.

Wohin muss ich mich wenden, wenn ich mein Geld zurück will?
Der Fluggast soll sich an den Ticketverkäufer, also die Airline, ein Internet-Portal oder ein Reisebüro, wenden und dort den Betrag zurückfordern. In der Regel bekommt er auch den Insolvenzverwalter genannt, der die Forderungen sammeln muss und mit dem Insolvenzgericht eine prozentuale Quote wie z. B. 20 % der Erstattung errechnet. Eine vollständige Erstattung ist jedoch sehr selten.

Kann ich vom der Kreditkartenbank die Rückzahlung verlangen, wenn der Flug nicht stattfindet?
Die Kreditkarten übernehmen für die gekauften Leistungen nach ihren AGB keine Haftung. Da aber die Zahlung durch Kreditkarte juristisch "lediglich ein Zahlungsversuch (Leistung erfüllungshalber) des Kunden ist, tritt Erfüllung erst dann ein, wenn sich der Gläubiger aus dem erfüllungshalber Geleisteten befriedigt hat (Führich, Wirtchaftsprivatrecht, 10. Aufl., Rn. 422)". Übersetzt aus dem Juristendeutsch heisst dies, der Kunde kann bei seiner Kreditkartenbank so lange widersprechen, wie die Zahlung noch nicht auf dem Konto der Airline gutgeschrieben ist. Ab Insolvenzantrag darf die Airline jedoch keine Zahlungen mehr annehmen. Daher rate ich, die Erstattung des Gezahlten bei der Kreditkartenbank bzw. bei dem Reisevermittler - der für die Bank den Zahlungsversuch entgegengenommen hat - so schnell wie möglich zu beantragen, da möglicherweise die Forderung der Bank noch nicht der Airline in Rechnung gestellt wurde.

Gibt es Recht auf zusätzliche Entschädigung?
Nein, da dies eine schuldhafte Pflichtverletzung der Airline voraussetzen würde. Dies liegt bei Insolvenz nicht vor. Daher werden auch Folgeschäden wie Hotelkosten, Parkhaus oder vergebliche Anreisekosten nicht ersetzt.

Muss die insolvente Airline auf einen Ersatzflug umbuchen und diesen bezahlen?
Nein, nach einem Insolvenzantrag darf die Airline keine Geschäfte mehr betreiben. Oft übernehmen andere Airlines solchen Passagiere, können aber die Kosten solcher Umbuchungen selbst bestimmen. Einen Anspruch auf Umbuchung gibt es nicht.

Kann man sich gegen die Pleite der Airline versichern?
Die EU will zwar die Rechte von Fluggästen verbessern und insbesondere prüfen, inwieweit eine allgemeine Absicherungspflicht gegen Airline-Insolvenz wie bei der Sicherungsschein-Regelung bei Pauschalreisen (§ 651k BGB) eingeführt werden soll. Auch dem Bundestag liegt ein Gesetzesantrag der Linken vor. Bis dahin bieten Reiseversicherungen und machen Airlines bereits jetzt gegen die Pleite der Airline einen freiwilligen Versicherungsschutz an. Schon ab 5 Euro gibt es Pakete, die neben Airline-Insolvenz auch einen Umsteige- und einen Umbuchungs- sowie optional einen Storno-Schutz enthalten. Die wenigsten Passagiere haben diese freiwillige Versicherung abgeschlossen.

Flug als Paket eines Reiseveranstalters
Ist der Flug einer insolventen Airline Teil einer Flugpauschalreise, ist der Reisende abgesichert. Vertragspartner des Reisenden ist nicht die insolvente Airline, sondern der Reiseveranstalter. Dieser muss sich um einen Ersatzflug bemühen. Ist die Reise verspätet, fällt sie aus oder ist die Reise beeinträchtigt, kann der Reisende den Reisepreis angemessen mindern und Schadensersatz bei Folgeschäden verlangen.
Literatur zum Thema:

http://www.reiserecht-fuehrich.de/

Führich, Reiserecht, 7. Auflage 2015, § 16 für Insolvenzsicherung des Reiseveranstalters

Sehr gutes Buch! Kann ich nur empfehlen !
Freedom's just another word for nothing left to lose...

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Samstag, 7. November 2015, 16:03

Bis dahin bieten Reiseversicherungen und machen Airlines bereits jetzt gegen die Pleite der Airline einen freiwilligen Versicherungsschutz an. Schon ab 5 Euro gibt es Pakete, die neben Airline-Insolvenz auch einen Umsteige- und einen Umbuchungs- sowie optional einen Storno-Schutz enthalten. Die wenigsten Passagiere haben diese freiwillige Versicherung abgeschlossen.


Gibt es tatsächlich noch gängige Versicherungsunternehmen, die den Airline-Insolvenzschutz heutzutage anbieten?
Zuletzt hatten sowohl die ERV als auch HanseMerkur den Service eingestellt.
"Wenn die Macht der Liebe über die Liebe zur Macht siegt, wird die Welt Frieden finden"
Jimi Hendrix

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Montag, 23. November 2015, 18:59

Ach sorry cuate, sehe Deine Frage jetzt erst :tüte:

Nein so eine Versicherung gibt es nicht mehr. Da muss die Seite mal aktualisiert werden, hab ich
völlig übersehen.
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Dienstag, 15. August 2017, 12:27

Pünktlich zum Wahlkampf 2017

kommt die Forderung der SPD zur verpflichtenden Insolvenzabsicherung der Airlines bei Vorauszahlungen durch Flugbuchungen. Es wird eine Initiative der Bundesregierung auf EU-Ebene angestrebt. In der Bundesregierung ist man seit längerem mitvertreten.
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Sonntag, 20. August 2017, 00:27

Dimensionen

Es ist unwahrscheinlich, dass airberlin nach dem Herbst noch Flüge selbst durchführen wird. Genauso unwahrscheinlich ist es, dass andere Airlines die bereits gebuchten und bezahlten Tickets bei der Durchführung eigener Flüge anrechnet. Für die Nennung einer endgültigen Schadenssumme ist es noch zu früh. Aber die Vorkasseregelung bei den Airlines können zu riesigen Ausfallsummen bei einer Insolvenz der Fluglinie führen. Am Beispiel airberlin ist beisspielsweise bei geschätzten fünf Millionen Air-Berlin-Tickets, die schon bezahlt, aber noch nicht abgeflogen sind und bei Durchschnittskosten von 250 € pro Ticket von einer Summe von 1,25 Milliarden Euro auszugehen. Ein Betrag, mit denen die Fluggäste in Vorkasse gegangen sind.

Mehr dazu: http://www.spiegel.de/wirtschaft/service…-a-1163447.html
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