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Samstag, 8. März 2014, 17:39

Vorauszahlung von Flugtickets

Hallo Dodo,
die Sache wird sehr kompliziert, wenn die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Verbraucherzentrale und den jeweiligen Fluggesellschaften rechtskräftig durch BGH-Urteil abgeschlossen sind.

Zunächst ist folgendes zu berücksichtigen. In diesem Rechtsstreitigkeiten geht es keineswegs um Sicherungsschein bei Flugreisen. Eine solche Regelung gibt es derzeit nicht und demzufolge ist eine Verpflichtung der Fluggesellschaften, bei vollständiger Vorauszahlung einen Sicherungsschein herauszugeben, nicht vorhanden.

In den erwähnten Rechtsstreitigkeiten geht es ausschließlich darum, dass die Verbraucherzentrale mit gerichtlicher Hilfe den betroffenen deutschen Fluggesellschaften (Lufthansa, Condor, Air Berlin, German Wings und Germania) verbieten lassen will, in allgemeinen Geschäftsbedingungen Klauseln zu verwenden, die eine 100-prozentige Vorauszahlung des Ticketentgelts unmittelbar bei Buchung verlangen.

Zur Verdeutlichung: der Beförderungsvertrag ist Werkvertrag. Die gesetzliche Regelung bei Werkvertrag ist die, dass der Werklohn erst dann verlangt werden kann, wenn das Werk vollständig errichtet und abgenommen wurde. Die Fluggesellschaften wollen mit den Klauseln in ihren Tarifbedingungen die gesetzliche Lage (nicht durch Individualvereinbarung) sondern durch allgemeine Geschäftsbedingungen einseitig zu ihren Gunsten abändern. Diese Abänderung unterliegt der Kontrolle durch das AGB-Gesetz. Das AGB-Gesetz sieht es als unangemessene Benachteiligung Vertragspartners des Verwenders solcher Klauseln an, wenn ohne Gegenleistung eine volle Vorauszahlung des Werklohnes verlangt wird.

Wenn das Gericht nunmehr diese Klauseln für unwirksam erklärt, dürfen zunächst nur die abgemahnten Fluggesellschaften diese Klausel nicht mehr verwenden, bei Verstoß droht Ordnungsgeld. Sofern ausländische oder nicht abgemahnte Fluggesellschaften weiterhin Vorauszahlungen in Höhe von 100 Prozent erheben, führt das zunächst nicht zu Sanktionen.

Hier wird dann der Gesetzgeber gefragt sein, der klare Regelungen trifft. Allerdings stellt sich die Frage, wie in einem globalen Markt mit ausländischen Fluggesellschaften, die in Deutschland nur ein kleines Büro oder noch nicht einmal eine Repräsentanz unterhalten, diesbezüglich umzugehen sein wird. Es dürfte schwer sein, einer ostasiatischen Fluggesellschaft die deutschen gesetzlichen Regelungen aufzuzwingen. Wir werden sehen, wie sich das weiter entwickelt. Es mag allerdings sein, dass es in absehbarer Zeit einheitliche EU-Regeln zu diesem Aspekt gibt.

Bis dahin werden sich die Fluggäste weiterhin dem Diktat der Fluggesellschaften unterwerfen und den vollen Flugpreis im Voraus zahlen müssen. Auch auf die Gefahr hin, dass zwischen Buchung und Abflug Insolvenz des Carriers eintreten kann und das Geld futsch ist.

Herzliche Grüße aus Wiesbaden

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Samstag, 8. März 2014, 20:19

Vielen Dank Holger für diese ausfühliche Erklärung :TOP:

Das erörtert doch vieles !
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Samstag, 6. September 2014, 11:59

Aktuell dazu das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 04.09.2014 - 16 U 15/14

Dieses hat die Klage der Verbraucherzentrale abgewiesen und den Sofortzahlungsanspruch der Fluggesellschaft begründet:

http://www.rechtsindex.de/reiserecht/441…buchung-faellig
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Jimi Hendrix

84

Samstag, 6. September 2014, 12:32

Jepp, ist in meinen Augen "nur" ein Urteil. Ändern wird sich "noch" nichts...BGH oder EuGH wird interessant :ironic:
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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Dodo« (6. September 2014, 12:34)


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Dienstag, 16. Februar 2016, 16:21

Der BGH hat die Sofortzahlungspraxis bei den Flugbuchungen für rechtens erklärt.
Urteile vom 16. Februar 2016 - X ZR 97/14, X ZR 98/14, X ZR 5/15

Details:

BGH 16.02.2016: Luftfahrtunternehmen dürfen Zahlung des Flugpreises bei Buchung verlangen
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Samstag, 29. April 2017, 11:10

Der SWR und seine Wirtschaftsredakteurin

in einer Stellungnahme im "Marktcheck" zur Situation bei airberlin:

"Und bei einer Pleite von Air Berlin sind die Tickets versichert. Das ist grundsätzlich so bei jedem Unternehmen, das in Deutschland Tickets verkauft. Kunden bekommen durch den Reisesicherungsschein immer ihr Geld zurück."

http://www.swr.de/marktcheck/rote-zahlen…100834/1wireba/

Salopp gesagt: Diese Information ist nicht haltbar. Für Gäste mit Pauschalreisepaket trifft das zu. Aber airberlin führt praktisch keine Urlaubsflüge mehr durch (praktisch abgegeben an Niki Airline) und hat sich mit der verbleibenden Flotte auf Europaverkehr und USA spezialisiert. Dort werden überwiegend einzelne, bei der Airlne gekaufte Flugtickets verwendet. Und für die haftet Niemand und das finanzielle Risiko bei einer Insolvenz liegt komplett beim Fluggast. Wie bei anderen Linienflügen auch.
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87

Samstag, 29. April 2017, 12:58

:patschi: Ja die Journalisten, welche von einer Materie schreiben, von welchen sie nichts verstehen! Unfassbar!

NUR-FLUG ist nirgendwo abgesichert, auch nicht bei uns!
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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Dodo« (29. April 2017, 13:03)


88

Samstag, 29. April 2017, 13:35

Jetzt,

angesichts der Finanznot einiger europäischer Fluglinien, fordert der Fachverband der Reisebüros
in Österreich die verpflichtende Insolvenzabsicherung für Airlines:

https://news.wko.at/news/oesterreich/Fac…nde-Insolv.html
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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »cuate« (29. April 2017, 13:36)


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Samstag, 29. April 2017, 13:41

Ja, das hatte wir in DE nach Wegfall der Versicherung auch gefordert, wurde aber abgewiesen und als nicht notwendig gesehen.
Die Anzahl der Pleiten sei zu gering und der Aufwand nicht zuzumuten, hieß es :D
Bin gespannt was die Nachbarn draus machen.
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Fitschi

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90

Samstag, 29. April 2017, 16:11

Fordern können sie es ja, mal sehen ob das jemanden motiviert so eine Vorschrift zu erlassen.
Ein Trinkgefäß sobald es leer, macht keine rechte Freude mehr :Nope:
(Wilhelm Busch)

91

Mittwoch, 3. März 2021, 20:10

Wieder aktuell

ist das Thema, wenn man sieht, wie viele Airlines schon die Segel gestrichen haben. Auch wenn es Düsenjets waren.

Mehr denn je ist das Ausfallrisiko bei Vorauszahlungen für die nächsten Monate bei Airlines präsent.
Oder auch der Anspruch auf Rückzahlung bei Flugausfall innerhalb 7 Tagen nach Flugabsage
steht im krassen Widerspruch zum Verhalten der Airlines in 2020.
Das lässt kaum (Urlaubsvor-) Freude aufkommen.
Zusätzlich zum Virus.

Diese Airline ist da keine Ausnahme, steht aber auch nicht alleine dafür:

https://www.aerotelegraph.com/condor-flo…ie-roten-zahlen
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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »cuate« (3. März 2021, 20:13)


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Samstag, 20. August 2022, 11:10

Niedersachsen will Vorkasse bei Flugreisen abschaffen

"Bei Flugausfällen müssen Verbraucher ihrem Geld häufig hinterherrennen. Niedersachsen will das mit einer Initiative im Bundesrat ändern: Passagiere sollen künftig erst beim Check-in bezahlen."

Quelle
"Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen" (Karl Valentin)

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Samstag, 20. August 2022, 14:04

Jepp, die Niedersachsen preschen voraus! Richtig so!
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Samstag, 20. August 2022, 14:21

Kann mich ja irren, aber das wird mal wieder beim Versuch bleiben. Lufthansa hat in den letzten Tagen sofort nach Anforderung (so war zu lesen) Rückzahlungen vorgenommen. Alibi sozusagen ...
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Jimi Hendrix

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Sonntag, 21. August 2022, 09:28

Da irrst Du nicht, es wird kaum umsetzbar werden.
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