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Freitag, 21. November 2014, 15:09

Winchester House, San Jose, California

Das ist eine schon viele Jahre zurückliegenden geschichte, aber ich denke das beschriebene Ziel könnte den einen oder anderen immer noch reizen

Das Winchester House in San Jose

San Jose liegt an der Südspitze der San Francisco Bay. 1983 arbeite ich dort beim US-Ableger der deutschen Firma, bei der ich angestellt bin. Meine Frau nehme ich mit, weil wir das Ganze auch mit Urlaub verbinden wollen - im Übrigen keine so gute Idee!

1983 gehen Lady und ich das erste Mal gemeinsam in die Vereinigten Staaten. Halb Arbeit, halb Urlaub für mich, Lady kann sich ganz auf das Kennenlernen eines völlig neuen Landes konzentrieren. Zuerst New York, wo meine Aufgabe der Aufbau und die Übergabe elektronischen Equipments an die amerikanischen Kollegen auf dem Messestand des Unternehmens ist, später Silicon Valley und Entwicklungsarbeit beim Unternehmen selbst. Auch wenn ich nicht vollzeit tätig sein musste, so haben wir unsere USA-Reisen nie wieder organisiert. Man soll Arbeit und Urlaub trennen!

Unser Hotel war das Hacienda Inn in Los Gatos. Ruhig und komfortabel, günstig gelegen, um in die Firma zu fahren. Anfangs Regen, Regen, Regen. Aber wenn alles neu ist, stört das nicht so sehr. Dass der vorangegangene Winter einer der niederschlagsreichsten seit Menschengedenken war erfahren wir erst in Laufe der Zeit.

Bei schlechtem Wetter sucht man natürlich auch nach Indoor - Attraktionen. San Jose bot das Rosicrucian Egyptian Museum, San Francisco eine hochgelobte Ausstellung historischer Chinesischer Kunst.

Dann lesen wir etwas über das "Winchester Mystery House" in San Jose, also grad ums Eck! Eine Witwe Winchester - genau, aus der berüchtigten Familie der Waffenhersteller - hat dort ein Monster von viktorianischem Haus hinterlassen, soll es mit Spiritismus gehabt haben. Seit 10 Jahren versucht man nun das Haus, das 1922 nach dem Tod der Besitzerin ausgeräumt und verlassen wurde, wieder einzurichten und zu restaurieren. Seit 1974 ist es ein National Historic Place No. 868.

Lady Winchester kaufte 1884 ein Farmhaus mit 8 Räumen, liess daran bis zu ihrem Tod angeblich 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr bauen und erweitern. Ein Medium soll orakelt haben, solange dies geschähe würde sie nicht sterben. Sie hatte Angst davor, von den Geistern der zu Hunderttausenden mit Winchester-Gewehren ermordeten Indianern ins Jenseits befördert zu werden. Zu Unrecht? Sicher nicht! Winchester hatte an den Massenmorden prächtig verdient.

Das Haus wuchst im Laufe der Jahre auf 160 Räume mit zum Teil erlesener Ausstattung. Geplant hat sie offenbar alles selbst. Ob daraus die Kuriositäten erwuchsen ist unklar. Einige behaupten, die Treppen, die mitten im Lauf umkehren oder an Decken enden, solche mit extrem niedrigen Stufen, Türen, die sich gegen Wände öffnen und Fenster die gleiches tun, Kamine, die in einem Raum oben offen sind, nicht durchs Dach gehen, und, und, und...wären zum Verwirren von Geistern bestimmt gewesen. Jedenfalls war die "13" ihre Lieblingszahl und diese findet sich oft im Haus.

Madame Winchester hatte "Geld bis zum Abwinken". Ihr tägliches Einkommen soll bei $ 1.500(!) gelegen haben. Es stammte aus dem Erbe ihres Gatten (ca. 15-20 Millionen $) bzw. der Waffenproduktion. Ein normaler Arbeiter kam zu diesen Zeiten kaum über $ 1 pro Tag hinaus, es sei denn als Miner, die vielleicht das Dreifache verdienten. Da war es für sie auch kein grosses Problem, für die Verglasung eines einzelnen Fensters $ 1.500 an Tiffany zu bezahlen - und es gibt einige davon!. Angeblich verwendete man Böhmisches Glas. Jedenfalls vergrössert die mittlere Scheibe die Aussenwelt, wenn man hindurchblickt.

Nach ihrem Tod sollen Spediteure 6 Wochen lang täglich 8 Wagenladungen Möbel abtransportiert haben um das Haus zu räumen. Das Inventar wurde versteigert, der Erlös kam Verwandten und Angestellten zugute. Von ursprünglich über 600.000 m² des erworbenen Grundstücks sind heute noch um die 20.000 m² erhalten geblieben.

Diese Räumung stellt ein Hauptproblem der Restauratoren dar. Ein leeres Haus ist nicht so sonderlich attraktiv. Daher suchte man in 1983 intensiv nach repräsentativem Mobiliar aus der Epoche, um wenigstens in einem Teil der Räume die entsprechende Kulisse zu schaffen. Manches wird sich kaum wiederherstellen lassen. Mrs. Winchester besass z.B. die Eigenart - sagen wir Spleen - Möbel aus normalen Holz anfertigen zu lassen, dass dann übermalt und mit der Maserung teurer Holzarten versehen wurde. Weird, wenn man ihr Einkommen bedenkt! Es gibt Möbel aus gewöhnlichem Redwood die wie Vogelaugenahorn bemalt sind.

Technischen Neuerungen war die Lady nicht abgeneigt, hatte wohl den ersten elektrischen Aufzug in California - insgesamt gibt es drei Aufzüge im Haus, zwei wurden durch Wasserkraft getrieben. Auch eine Autowaschanlage(!) liess sie bauen und eine Pesonenrufanlage gehörte zum Haus.

Das Haus besuchen wir an einem Tag, der wiederum mit Regen startet. Es gibt zwei Dinge zu sehen, ein Winchester Museum und das Haus selbst. Beides schauen wir uns an, vom Museum existieren allerdings keine Photos. Macht nichts - wichtiger ist, dass ich hier eine Beziehung zu meinem Urgrossvater herstellen kann. Mit Waffen hatte er zum Glück nichts zu tun.

Was war der Besuch in 1983 doch so einfach! Photographieren war im Gegensatz zu heute (2013) erlaubt und das haben wir sogar noch in gedruckter Form! (Heute kostet der Eintritt pro Person $ 33 mit einstündiger Führung.)


Die Regeln von 1983

Da mir vor einigen Monaten die alten Diapositive in die Hand fielen, wurden diese eingescannt und finden sich im Folgenden. Die technischen Unzulänglichkeiten der 30 Jahre alten Aufnahmen sind nicht zu übersehen. Zwar sind die Bilder in der Reihenfolge, in der sie auf dem Filmstreifen waren und demzufolge wohl dem Lauf der Führung folgend, aber einiges lässt sich nicht mehr korrekt rekonstruieren:


Regenwetter! Wir besuchen das Winchester House in San Jose.

Albert Hammond hatte allem Anschein nach Recht als er 1972 sang:

"It never rains in California
But girls don't they warn ya
It pours, man it pours!"

Wie wahr!


Eine jener merkwürdigen Treppen mit den flachen Stufen

Diente das zum Geister verwirren wie gerne kolportiert wird oder war es einfach eine Erleichterung für die im Alter von Arthritis geplagten Dame?


Winchester House Treppe ohne Deckendurchbruch


Fenster verglast von Tiffany


Die Treppe führt mit sehr kleinen Stufenhöhen in mehreren Windungen ein Stockwerk tiefer.


Ein Schlafzimmer. Man beachte die Sprinkleranlage!


Erneut flache Stufen


Ein Büro?


Serviceaufzug


Das Sterbezimmer der Sarah L. Winchester.

Dieser Raum soll mittels Replikaten vollkommen restauriert sein? Links im Bild der Führer unserer Tour anno 1983.


Jugendstil? Im Englischen nennt man das "Art Nouveau".


Kaffeekränzchen? Sprinkleranlage!


Treppauf - treppab!

Die Treppe führt erst einmal 11 Stufen nach unten bevor sie umkehrt und 7 Stufen nach oben geht. Man überwindet somit die Höhe von 4 Stufen, also um die 80 cm. Manche glauben, auch hier spiele angeblich erneut die Zahl 13 eine Rolle: 11 Stufen, um 4 Stufen Höhe zu überwinden rechnet sich aber nicht. Ein schlichter Planungsfehler?


Dächergewirr


Rechts mit Türmchen die Garage samt Autowaschanlage.


Musikzimmer oder Ballsaal?

Ob die Orgel je zu Lebzeiten der Besitzerin gespielt wurde ist unklar? Manche behaupten, im dem holzgetäfelten Raum sei keinerlei Metall verarbeitet, was aber offensichtlich nicht ganz stimmt. Zwar arbeiteten die Schreiner zur Hauptsache mit Leim und Holznägeln, an versteckten Stellen sollen sich aber dann doch kleine Metallstifte befinden. Die aufwendige Bauweise bringt angeblich eine hervorragende Akustik mit sich.


Die Einrichtung wird kaum original sein, spiegelt aber die Epoche wider - sagt man!

Wie schon gesagt sind heutzutage solche Aufnahmen nicht mehr möglich, da das Photographieren ausnahmslos untersagt ist. Angeblich störe es bei den Führungen. Wahrscheinlicher dürfte allerdings sein, dass man den Besuchern im Souvenir Shop Bilder für gutes Geld verkaufen möchte.

Weil es immer wieder diese Geschichten über okkulte Kulte rund um das Haus gab, trat 1924 der berühmte Houdini in dem Gebäude auf. Houdini als wohl bekanntester Illusionist seiner Zeit hatte sich auf die Fahnen geschrieben, die Tricks von angeblichen Medien und Geisterbeschwörern auffliegen zu lassen. Möglicherweise kostete ihn das später das Leben.

Gruss

Rolf
Desert Drunk and Red Rock Crazy USA Südwest Stories