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Sternedieb

Master Amigo

  • »Sternedieb« ist der Autor dieses Themas

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1

Sonntag, 17. Juni 2012, 00:23

Darf ich nicht mehr "bewerten"?

Darf ich nicht mehr "bewerten" bzw. meine Meinung über ein Hotel oder ein Restaurant kundtun oder bin ich als Gast nicht in der Lage ein Restaurant oder ein Lokal einzuschätzen?

In der aktuellen Ausgabe der Zeitung HalloGastro für Gastronomen und Hoteliers in Baden- Württemberg, die vier mal im Jahr erscheint und an die Gastronomen und Hoteliers des Land verschickt wird habe ich einen Artikel zum Thema "Gastro-Bewertungsportale" gelesen. In dieser Zeitung, die sich als Sprachrohr der Branche bezeichnet und mit der DEHOGA verbunden ist bzw. der Herausgeber die Gesellschaft zur Förderung des Gastgewerbes mbH ist, lässt sich ein Gastronom über "seine" Kundschaft aus und sagt laut Zitat: ich halte nichts von Bewertungsportalen im Internet. Jeder kann nach Lust und Laune irgendwelchen Schmarrn verbreiten. Die meisten wollen einfach nur Dampf ablassen und der Gastronom hat den Schaden. Und auch über gute Kritiken freut sich dieser Gastronom nicht wirklich und wird so zitiert: Das sind ja keine professionellen Restaurantkritiker.

Nun stellt sich die Frage: Sind wir Kunden, Restaurant- und Hotelgäste alles "Nullblicker" und haben kein Recht uns ein Urteil über ein Restaurant-/Hotel zu bilden und diese auch im Netz zu verkünden?

Auf der anderen Seite kommt auch ein Gastronom aus Wangen zu Wort, der meint, dass Online-Portale eine gute Werbe-Plattform sind und man nicht umhin kommt, dieses neue Sprachrohr für sich zu nutzen.

Gibt es tatsächlich noch irgendwelche Restaurant-Besitzer, die noch nicht kapiert haben, dass das Internet die neue Tante-Emma ist? Früher gab es des großen Klatsch und Tratsch im Tante-Emma Laden um die Ecke, heute auch noch im kleinen "Schlecker" (ne der is auch schon kaputt), bleibt der Bäcker und die Fleischerei ... und das Internet.

Hier wird gequatscht, geliked, getwittert und empfohlen sowie kritisiert, gemeckert und nur "Dampf abgelassen" , wie sich der Herr da ausdrückt. Der Vorteil im Netz ist, im Gegensatz zum Bäcker, der Metzgerei und dem Tante Emma Laden, dass auch der Koch, die Bedienung und der Gastronom mitbekommt, was über ihn gesagt bzw. geschrieben wird und dadurch auch ein Feedback bekommt, wie er von seinen Kunden gesehen und "bewertet" wird. Bei den "Thekengesprächen" hat er keine Chance, wenn er sie nicht zufällig mitbekommt und kann nicht reagieren und nichts dagegen tun - bei einer Restaurant-Kritik im Netz kann er das meistens sehr wohl, zumindest dann wenn das Bewertungsportal gut ist und dies zulässt.

Ist der professionelle Kritiker der bessere Gast?
Hat ein Kritiker mehr Ahnung als der Gast? Wahrscheinlich schon, wenn er denn wirklich professionell ist. Aber von wem lebt ein Restaurant, Kneipe oder Hotel? Vom Kritiker oder vom Gast? Wenn der Gast nicht vom Produkt überzeugt ist, kann es der Kritiker sein? Wenn der Kritiker es ist, hilft es dem Wirt, wenn es der Gast nicht ist?

In Stuttgart gibt es einige gedruckte Restaurantführer, die in hoher Auflage verkauft werden und wirklich nicht schlecht gemacht sind. Teilweise habe ich dabei jedoch den Eindruck, dass viele von den sogenannten "Kritikern" jedoch außer dem Lieblingswort "sämig" nicht wirklich was "auf der Pfanne" haben.

Dann gibt es natürlich auch die wirklich richtig guten Kritiker die bei Michelin und Gault-Millau angestellt sind und ein Restaurant mit ganz kritischen Augen sehen und einem Restaurant wirklich und richtig viel zusätzlichen Umsatz bringen können. Hier findet sich jedoch nur die "Creme de la Creme" wieder und sicher nicht der gutbürgerliche Gasthof um die Ecke, der in seinem Segment eine fantastische Arbeit abliefert, aber auch auf die Masse angewiesen ist, da bei ihm das Essen irgendwie im Durchschnitt 20€ kostet anstatt wie im Sternerestaurant 50 oder mehr und bei ihm auch anstatt Wein für 30 + X Euro ein Bier für 3 + X Euro konsumiert wird. Aber auch bei den beiden "Platzhirschen" gab es schon das eine oder andere Mal irgendwelche Vorwürfe von Bestechlichkeit, ob zu Recht oder Unrecht ist nicht die Frage, denn wo kritisiert und gelobt wird, gibt es Neider, Bevorteilte und Benachteiligte.

Was sagen die Travelamigos? Sind wir Kunden nicht in der Lage etwas einzuschätzen und haben kein Recht unsere subjektive Meinung zu äußern, da wir - Zitat: keine Ahnung vom Kochen haben.
Alles immer ohne Gewähr, nicht dass man auch als Forenuser irgendwann als Terrorist verhaftet wird.

Hasenbär

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2

Sonntag, 17. Juni 2012, 01:11

da wir - Zitat: keine Ahnung vom Kochen haben.
Selbst wenn ich keine Ahnung vom kochen habe, ich weiß zumindest wie es schmecken muss. :lecker: Aber das ist ja nicht das einzigste Kriterium. Wenn mir im Sanitärbereich das Essen wieder hoch kommt spielt es keine Rolle, ob da ein 5* Koch in der Küche steht. Genauso sind fehlende Aufmerksamkeit oder mangelnde Freundlichkeit ein absolutes "no go" im Servicebereich und die Grundlage dafür, dass ich mich verpflichtet fühle, Freunde und Bekannte davor zu bewahren. :cool:
Herr, gib uns Augen, die etwas taugen!

3

Sonntag, 17. Juni 2012, 10:08

Aus Sicht eines Gastronomen oder Hoteliers sind Internetbewertungen natürlich bedenklich und ich kann deren Sicht gut verstehen, überhaupt dann, wenn für den Unternehmer keine Möglichkeit besteht, zu antworten. Jeder kann sich online über ein Lokal auslassen. Dazu benötigt man nur Zugang zum Internet, sonst aber keine weiteren Kompetenz, weder fachliche noch menschliche.

Selbst wenn ich keine Ahnung vom kochen habe, ich weiß zumindest wie es schmecken muss.
Wie es schmecken muss, oder wie es Dir am besten schmeckt? Um zu beurteilen, ob ein Zwiebelrostbraten oder ein Bordeaux tatsächlich so schmeckt, wie er schmecken soll oder muss, benötigt man schon eine gewisse Fachkompetenz.

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »NoDurians« (17. Juni 2012, 10:09)


4

Sonntag, 17. Juni 2012, 10:19

So lange die subjektive Kritik nachvollziehbar ist (was für Aussenstehende allerdings häufig schwierig ist), kann an der Meinungsäusserung ohnehin nichts geändert werden. Das es für manche Verbandsfunktionäre Pflicht ist, sich dagegen ebenfalls subjektiv kritisch zu äussern, ebenso.

Dennoch möchte ich auf die vielfältigen Informationsmöglichkeiten des Mediums Internet in einigen Punkten nicht verzichten.
Also weiter bewerten, da wird niemand dran gehindert.
"Wenn die Macht der Liebe über die Liebe zur Macht siegt, wird die Welt Frieden finden"
Jimi Hendrix

5

Sonntag, 17. Juni 2012, 10:29

Man kann Restaurantbewerbern und Hoteliers ohnehin nur ein "Willkommen im 21. Jahrhundert" wünschen. Aufhalten lässt sich der Trend eh nicht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang allerdings, wie Du richtig sagst, dass die Kritik nachvollziehbar und als persönliches Empfinden formuliert ist. Deshalb sprach ich auch von fachlicher und menschlicher Kompetenz, fachlich nicht nur auf die Beurteilung des gastronomischen Angebots bezogen, sondern auch auf's schreiben.

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »NoDurians« (17. Juni 2012, 10:43)


Hasenbär

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6

Sonntag, 17. Juni 2012, 10:43

Wie es schmecken muss, oder wie es Dir am besten schmeckt?
:denk: Da gebe ich Dir nur eingeschränkt Recht. Es gibt z. B. unterschiedlich gewürzte Thüringer Bratwürste. Sie kommen aus Erfurt, Gera, Schmalkalden, Eisenach oder dem Eichsfeld. Alle halten sich an die Vorgaben, die für die Verwendung des Namens "Thüringer Bratwurst" eingehalten werden müssen. Trotzdem schmeckt dem einen die aus ... besser und dem anderen die aus ... und irgendwer findet sie alle zum :übel: Warum sollte der (oder jeder andere) seine eigene Meinung nicht vertreten dürfen? Jedem Geschäftsmann sollte es doch Recht sein, wenn man ihm sagt, dass er am Geschmack seines Kunden vorbei kocht.
Abgesehen davon, genau wie wir lernen mussten, zwischen den Zeilen der Reisetipps und Hotelbewertungen zu lesen, gilt das natürlich auch für jede Restaurant-Kritik.
Herr, gib uns Augen, die etwas taugen!

7

Sonntag, 17. Juni 2012, 16:45

Es gibt z. B. unterschiedlich gewürzte Thüringer Bratwürste. Sie kommen aus Erfurt, Gera, Schmalkalden, Eisenach oder dem Eichsfeld. Alle halten sich an die Vorgaben, die für die Verwendung des Namens "Thüringer Bratwurst" eingehalten werden müssen. Trotzdem schmeckt dem einen die aus ... besser und dem anderen die aus ... und irgendwer findet sie alle zum :übel: Warum sollte der (oder jeder andere) seine eigene Meinung nicht vertreten dürfen?
Klar darf das jeder und tut das jeder, auch wenn er nicht fähig ist, richtig und fair zu formulieren. Zwischen "schmeckt MIR nicht" und "ist schlecht" ist ein himmelhoher Unterschied.

Fitschi

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8

Sonntag, 17. Juni 2012, 16:54

Zwischen "schmeckt MIR nicht" und "ist schlecht" ist ein himmelhoher Unterschied.


Stimmt, man sollte immer versuchen fair zu bleiben.
Deshalb verwende ich raltiv oft die Floskel "meiner Meinung nach" :kuller:
Über Geschmack lässt sich nun mal streiten.
Aber ob ein Hotel/Restaurant dreckig ist, ab die Einrichtungen funktionieren oder nicht, die Infrastruktur ein Schmarrn ist....das sind Tatsachen und die sollte Mann/Frau schon aufzeigen dürfen :ironic:
Ein Trinkgefäß sobald es leer, macht keine rechte Freude mehr :Nope:
(Wilhelm Busch)

superfx

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9

Sonntag, 17. Juni 2012, 18:01

....ich vergleiche köche immer mit künstlern.......

........der eine macht eine kunst, die der normalo nicht versteht. der andere muss zum überleben seine kunst an den normao verkaufen und muss von daher zusehen, dass sein produkt gut ist.
ich weiß nicht wo ich herkam, ich weiß nicht wo ich bin, mich wundert, dass ich so fröhlich bin.

10

Sonntag, 17. Juni 2012, 20:31

In der Spitzengastronomie ist der Vergleich mmg. nach gut. Aber im normalen Wirtshaus handelt sich's wohl eher um Handwerker.

Fitschi

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11

Sonntag, 17. Juni 2012, 20:52

Seh ich auch so, wenn ich in ein " normales" Gasthaus gehe dann kann ich auch nur "normale" Küche erwarten.
Suche ich mir einen "Künstler" aus, dann kann ich ein Erfolgserlebniss haben..oder auch nicht.
Gerade darum finde ich Bewertungen gut, irgendwie erkennt man schon ob das Lokal für einen selber passen könnte oder nicht.
Ein Trinkgefäß sobald es leer, macht keine rechte Freude mehr :Nope:
(Wilhelm Busch)

Sternedieb

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12

Dienstag, 19. Juni 2012, 16:25

Wie es schmecken muss, oder wie es Dir am besten schmeckt? Um zu beurteilen, ob ein Zwiebelrostbraten oder ein Bordeaux tatsächlich so schmeckt, wie er schmecken soll oder muss, benötigt man schon eine gewisse Fachkompetenz.


Es geht nicht darum ob ein Produkt tatsächlich so schmeckt, sondern ob es einem selbst schmeckt. Die wenigsten wissen heute wie ein Produkt rein und ohne irgendwelche Pülverchen und Geschmacksverstärker schmeckt. Warum? Weil sie so aufgewachsen sind, bzw. so aufwachsen.

Aber ein Gastronom muss wissen, wer seine Zielgruppe ist und auch für diese kochen. Und wenn ein Wirt seine Gäste frägt und die ggf. schon im Restaurant "Dampf ablassen" können, muss das Internet nicht mehr dafür herhalten.
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Sina

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13

Dienstag, 19. Juni 2012, 16:47

lässt sich ein Gastronom über "seine" Kundschaft aus und sagt laut Zitat: ich halte nichts von Bewertungsportalen im Internet. Jeder kann nach Lust und Laune irgendwelchen Schmarrn verbreiten. Die meisten wollen einfach nur Dampf ablassen und der Gastronom hat den Schaden. Und auch über gute Kritiken freut sich dieser Gastronom nicht wirklich und wird so zitiert: Das sind ja keine professionellen Restaurantkritiker.


:Nope: Einen Wirt, der so über seine Gäste urteilt, besuche ich nicht. Aus Prinzip. Nur von professionellen Restaurantkritikern kann er nicht leben und wenn ihm die Meinung seiner "normalen" Gäste so egal ist, dann zweifele ich an seiner Kompetenz.

Bewertungen im Internet sind heutzutage nunmal nicht mehr wegzudenken. Da kann man noch so lange die Augen verschließen :contentteam:

Man sollte sich als Bewerter jedoch schon die Mühe machen, nach bestem Wissen und Gewissen zu bewerten und nicht "nach Lust und Laune irgendwelchen Schmarrn" schreiben. Viele machen das aber ohnehin. Und wenn jemand wirklich "Schmarrn" schreibt, dann hat man als Gastronom die Chance, darauf zu antworten.
Als deutscher Tourist im Ausland steht man vor der Frage, ob man sich anständig benehmen muß oder ob schon deutsche Touristen dagewesen sind. (Kurt Tucholsky)

14

Dienstag, 19. Juni 2012, 19:48

und wenn ihm die Meinung seiner "normalen" Gäste so egal ist, dann zweifele ich an seiner Kompetenz.
Ich glaube, genau so denken viele Köche. Wenn negative Kritik bis in die Küche dringt, dann schnauben sie und wenn sie gelobt werden, denken sie "was weiß denn schon der...". Nur vom denken zum öffentlich sagen ist's allerdings noch ein weiter Weg, ich find das einfach ungeschickt.

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »NoDurians« (19. Juni 2012, 19:59)